Was für eine aufregende Zeit! Vor wenigen Wochen, im März 2016, haben wir unser neues Shop-Baby namens Letterpresso.com gelauncht, scharfgestellt, aktiviert, auf die Rampe gerollt. Was liegt da näher für den ersten Artikel, als ein paar Innenansichten aufzuschreiben.
Die Idee, dass Kunden Letterpress auch online drucken lassen möchten, so wie sie es von offsetgedruckten, vierfarbigen Flyern, gewohnt sind, entstand Ende 2014. Unser kleines, wachsendes Unternehmen hatte vier Jahre auf dem Buckel und inzwischen einige Tausend hochindividuelle Letterpress-Jobs vorrangig an Kreativwirtschaft- und Markenunternehmen und Mediendienstleister ausgeliefert. Manche davon waren und sind recht kompliziert – zum Beispiel durch die Kombination von unterschiedlichen Druckverfahren – andere Aufträge wiederum haben ein recht häufig wiederkehrendes Anforderungsprofil. Wer also beispielsweise 500 Blatt Briefpapier oder 250 Visitenkarten auf edlem Papier 2/0-farbig mittels Letterpress drucken lassen möchte, ist in guter Gesellschaft: solche Aufträge sind an der Tagesordnung. Also: Perfekt für eine Standardisierung und damit perfekt für ein E-Business Print.
Unser Front-End in einem frühen Designstadium
Der Nutzen für den Kunden ist vor allem Convenience, also das bequeme Einkaufen (24/7), ohne mit einer Druckerei telefonieren zu müssen. Preis-Transparenz, eine inspirierende Produkt-Auswahl und ein gutes Online-Informationsangebot sind weitere Daseinsberechtigungen für unseren Shop.
Da wir auch seit Jahren einen schönen Kontakt zu einigeIden Letterpress-Kollegen pflegen, zumindest zu denjenigen die eine eigenständige Handschrift haben statt andere plump zu imitieren, ergeben sich auch Gesprächspunkte wie „Passt Letterpress eigentlich zu einem Online-Shop?“ oder „wollen Letterpress-Kunden überhaupt einen Shop?”. Diese Fragen habe ich mir auch gestellt und habe letztlich folgende Überlegungen, welche in der Zukunft freilich noch von Erfahrungen korrigiert werden:
- Leider wird Online-Druck fast immer mit Discount und Billigpreisniveau assoziiert. Das haben Print-Kunden über 15 Jahre lang so gelernt und das hat sich gefestigt. Unerfreulich ist, dass das auch auf das generelle Image des „Drucken-lassens“ abgefärbt hat. Zahllose konventionelle (Bogenoffset-) Druckereien hatten die Entwicklung erst unterschätzt oder auch verschlafen und klagten dann über einen ruinösen Preiskampf. Letzterer ist meiner Ansicht nach jedoch nicht den Online-Druckern anzulasten. Durch Standardisierung, Automatisierung und Sammelformdruck lassen sich im industriellen Druck konsequent Billigpreise darstellen. Aber ich finde, jetzt ist es wirklich an der Zeit, mal einen Kontrapunkt zu setzen. Schließlich kann man im Netz auch sehr hochpreisig konsumieren, sei es die Manufactum-Gießkanne oder Prada-Sneaker. Warum denn nicht auch Print? Gibt es kein Luxus-Print? Doch: wir machen das und verkaufen es jetzt auch online. Nur eben nicht mit maßgeschneiderten Sonderwünschen, sondern mit sanfter Standardisierung.
- Man sollte sich noch viel häufiger in die Perspektive eines potenziellen Kunden versetzten. Möchte er etwas sehr hochwertiges produzieren lassen, dann begibt er sich häufig auf zwei Orientierungs-Ebenen auf die Suche: welche (drucktechnischen) Möglichkeiten gibt es eigentlich jenseits von 08/15 und auf welche preisliche Liga muss ich mich einstellen? Da möchte man doch nicht irgendwo anrufen und ein Angebot anfragen. Convenience als Kundennutzen beinhaltet auch Transparenz, Unmittelbarkeit, Übersicht. Sofort überblicken, was es denn alles gibt und sofort einen Preis angezeigt bekommen. Kontrast: Wenn ein gestandener Produktioner mit einer komplexen Aufgabenstellung in der Tasche nach einem geeigneten Partner sucht, wird er bei Letterjazz landen und ein maßgeschneidertes Angebot erhalten. Aber in vielen Fällen ist doch das Letterpress-Vorhaben viel unkomplizierter, da empfindet mancher unseren Shop als Segen.
Irgendwann im Oktober 2014 begann ich damit, die Aufgaben aufzulisten, welche sich ergeben, wenn man einen adäquaten Printshop für Letterpress auf die Beine stellen möchte. Unter anderem: Zieldefinition, Auswahl eines geeigneten Shopsystems, Partner für Design und Entwicklung, Namensfindung, Markendesign, ein Konzept für das Shopsortiment, Frontend-Design, Features, hochwertiger Content, Projektmanagement und einiges mehr. Heute bin ich froh, dass uns damals sehr schnell klar wurde, dass wir so ein Vorhaben nicht in Eigenleistung an den Start bekommen. Letterpresso.com ist ein Produkt von Arbeitsbeiträgen zahlreicher Beteiligter. Einige Davon stelle ich im nächsten Artikel vor.